SC Winkum von 1951 e.V.

 Dankbarkeit einmal ganz anders    von Peter Willen                                                                                    

 

Es ist Karfreitag. Ziellos bin ich mal wieder auf einer kleinen Radtour vor Ort unterwegs, als mir ein Auto auffällt, das langsam aus Angelbeck kommend in Richtung Löningen fährt. Dort sehe ich später dieses Auto wieder, einen silberfarbigen BMW mit norwegischem Kennzeichen, diesmal geparkt an der Hasebrücke. Eine junge Frau steigt aus und macht Fotos mit ihrem Handy.

Wieder zuhause angelangt, klingelt es kurze Zeit später an unserer Haustür. Ich öffne die Tür und vor mir steht ein junger Mann und auch das besagte Auto aus Norwegen steht auf unserem Hof.

„Hallo Peter, erkennst du mich ?“ fragt der Mann. Ich schüttle den Kopf. „Es ist auch schon 25 Jahre her, als wir und zuletzt gesehen haben.“ Ich erkenne ihn nicht. Und dann sagt er seinen Namen: Artan Rramahni.

Dieser Junge, der 1993 als Achtjähriger mit seiner Familie nach Deutschland geflohen war und 1998  Hals über Kopf von hier wieder fliehen musste, weil er mit seiner Familie nach dem Kosovo abgeschoben werden sollte, wo immer noch Krieg herrschte. Dieser Junge, der fünf Jahre bei uns im Verein begeistert Fußball spielte. Dieser Junge, den ich jedes Mal zum Training, zu den Spielen und Turnieren abgeholt habe, auch noch aus Bunnen, wo die fünfköpfige Familie später eine Wohnung fand. Dieser Junge, von dem ich seit seinem Verschwinden aus Deutschland nie wieder etwas gehört habe, trotz intensiver Google-Suche.

Dabei hätte ich doch zu gern gewusst, was aus ihm geworden ist und wie es ihm geht, war er mir doch so ans Herz gewachsen.

Und auf einmal steht er vor mir als jetzt fast 40jähriger Mann! Und sofort liegen wir uns in den Armen und lassen unseren Emotionen freien Lauf. Dafür dass er seit 25 Jahren in der Nähe von Oslo lebt, sind seine Deutschkenntnisse immer noch sehr gut. Er sagt, er habe seiner Frau, die ebenfalls aus dem Kosovo stammt, und seinen beiden Kindern (zwei und vier Jahre) einmal zeigen wollen, wo er „die schönste Zeit seines Lebens“ verbracht habe. Und deshalb sei  er die 1200 km lange Strecke gefahren, einfach voll des Dankes, das man sich hier so um ihn gekümmert habe, und das nicht nur von meiner Seite aus, auch von anderen Trainern unseres Vereins und ganz besonders erinnerte er sich auch an die Unterstützung durch Willi Rolfes, dem damaligen Hausmeister des Löninger Asylantenheimes.

„Wie kamst du dazu, dich so um mich zu kümmern, ich kam doch aus dem Kosovo“? fragt er. „Du hast so viel Freizeit für mich geopfert, bist so viele Kilometer für mich gefahren.“                      Erstaunlich, an was er sich alles erinnert. „Ich habe dein Haus sofort wiedergefunden. Auch die Küche hab ich nicht vergessen, wo ich hin und wieder gefrühstückt habe, ja ich weiß sogar noch, wie die Brötchen schmeckten. Ich weiß auch noch, wo das Zimmer von eurem Kevin ist, mit dem ich in einer Mannschaft spielte. Und du fuhrst damals einen roten Passat. Und das Trikot vom SC Winkum, das ich damals auf der Flucht nach Norwegen trug, habe ich heute noch. Es ist wie neu.“ Natürlich war er auch auf dem Sportplatz in Winkum. „Auf dem habe ich sogar etwas vom Gras gerupft und daran gerochen. Es roch wie früher, und ich habe während dieser Erinnerungen nochmals  viele Tränen geweint.“ Und beim Abschied beschrieb er den Tag, „als wenn ich nach 25 Jahren zum ersten Mal meine Eltern wieder sehe.“ Ich hatte den Eindruck, dass er vielleicht eines Tages wieder nach Deutschland zurückkehren wird.

Diese Geschichte kann vielleicht dazu beitragen, andere zu motivieren, sich in der Gesellschaft einzubringen und zu engagieren. Für mich hat sich nach solch einer Begegnung wieder einmal bestätigt, dass jeder Kilometer und jede Minute Freizeit, die ich in die Jugendarbeit investiert habe, es zu 100 Prozent wert gewesen sind.

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